1978



A wie Agnetho, B wie Bjorn, B wie Benny und A wie Annifrid - das ist die einfache wie logische Erklarung fur einen Namen, der mittlerweile auf der internationalen Musikszene zum Begriff wurde: ABBA. Es gibt schon heute Kritiker, die den Erfolg und die Karriere der vier Schweden mit dem einstigen Siegeszug der Liverpooler Beatles vergleichen. Ganz sicher mu? man aber an solcherlei Superlativen einige Abstriche machen. Das Verdienst ABBA's besteht in erster Linie darin, sich wieder der alten Stilistik und Kompositionstechnik der Beatles zu bedienen: einpragsame Melodien, ausdrucksstarke Arrangements und ein faszinierender Gesang der beiden Madchen. Die Tatsache, da? ABBA seit genau drei Jahren anhaltenden Erfolg hat, setzt im heutigen Schlagergetriebe schon eine Menge Flei? und harte Arbeit voraus. Aufmerksamkeit erregte die Gruppe einst durch ihren Sieg beim Festival ?Grand Prix de la Chanson" im englischen Seebad Brighton, von wo aus ihr spaterer Welthit ?Waterloo" die Reise um die Erde antrat. Fortan wurde ABBA mit allen Konsequenzen und Harten ins westliche Showbusiness integriert.

 

Diesen Grand Prix gewannen sie 1974, doch Musik machten die Vier schon viele Jahre zuvor. Bjorn und Benny musizierten in verschiedenen Gruppen - Folklore und Popmusik. Sie spielten Gitarre und Klavier, begannen zu komponieren, schlie?lich auch eigene Schallplatten zu produzieren.

 

Immer wieder stand fur sie als erste Aufgabe, sich standig musikalisch weiterzu-entwickeln und mit Tendenzen der internationalen Popmusik intensil und kritisch auseinanderzusetzen. Wahrend einer Tournee in ihrer Heimat lernten Bjorn und Benny die beiden Madchen kennen. Da? aus einer privaten Harmonie auch ein berufliche Zusammenarbeit resultierte, kann man als einen glucklichen Umstand werten. Agnetha und Annifrid besitzen ausgesprochen schone Stimmen, modulationsfahig und intonationssicher. Ihren ersten uberregionalen Erfolg hatten si ( 1973 mit der Single ?Ring, Ring". Nach ?Waterloo" ging es Schlag auf Schlag. ?Honey honey", ?Fernando", ?Mamma mia", ?S. 0. S.", ?Dancing Queen", Money Money Money" oder ?Knowing me, knowing you" sind Hits, die heute fast jeder Schlagerfreund kennt. DaB ABBA dem Publikumsgeschmack im positiven Sinne des Wortes entgegenarbeitet betonte Benny in einem Interview mit der polnischen Jugendzeitschrift ?SM": ?Wir machen das, was wir fuhlen und was uns Freude bereitet. Falls es uns keinen SpaB mehr macht, uns nicht mehr interessiert und es nur noch Broterwerb ware wurden wir aufhoren. Es freut uns sehr, daB sich unser Geschmack mit dem des Publikums deckt, daB es Gefallen an unseren Liedern findet. Die Leute suchen sich selbst aus, was ihnen gefallt, und man braucht ihnen nichts aufzudrangen."

 

Alle Kompositionen entstehen in einer Zusammenarbeit zwischen Bjorn und Benny, die Texte schreibt ihr Freund und Impresario Stig Andersen. Erst wenn alle drei in ihrer Meinung uber einen neuen Titel restlos ubereinstimmen, wird er im Studio produziert. Immer wieder passiert es, daB eine Idee verworfen wird, neu skizziert und damit auch neu diskutiert wird. ABBA produziert pro Jahr nicht mehr als eine Langspielplatte, die aber so gut ist, daB jeder einzelne Titel fur sich steht und uberzeugt. Sie haben vor allem das Bestreben, dem Kaufer einer Langspielplatte ein hundertprozentiges Horerlebnis zu schaffen.

 

Die schwedische Schallplattenfirma Polar Music schlo? schon bald nach dem Erfolg von ?Waterloo" Vertrage mit Schallplattenfirmen aus mehreren sozialistischen Landern ab. Bei AMIGA erschienen eine Langspielplatte, au?erdem einige ABBA-Sinqles. Im Herbst 1974 gastierten sie im Fernseh-"Kessel Buntes", und im vergangenen Jahr reiste ABBA zu einer Tournee in die Volksrepublik Polen. Mit jedem neuen Volltreffer aus dem Hause ABBA stellt sich zugleich erneut die Frage: Wie wird es weitergehen? Ihre Antwort zeigt eine gesunde Einstellung zu ihrem Beruf und den Anspruchen, die sie an sich selbst stellen. Agnetha sagt: ?Der Schloqerqeschmack wird sich verandern. Nichts bleibt auf der Stelle. Das betrifft auch uns. Denn auch wir andern uns, tun alles, um jenen sprichwortlichen Schritt voran zu machen. Wir sind eine Art schopferisches Kollektiv. Ich bin mir jedoch daruber im klaren, daB der Beruf des Schlagersangers kein sicherer ist und daB man nicht allzu sehr auf ihn bauen kann." Im Moment sieht es fur ABBA jedoch weiterhin qanz qut aus - und das bleibt ihnen und ihren Anhangern auch fur die Zukunft zu wunschen, da sich allzuviele noch immer mit dem einpra?samen und doch anspruchsvollen Tagesschlager schwer tun . . . 

 

WOLFGANG MARTIN

FOTO: HARTMUT SCHORSCH







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